Seit kurz vor Weihnachten kommen täglich überdurchschnittlich viele Notfälle in unsere Obhut.
Die kleine Bettina plumpste aus ihrem Nest auf einen Balkon, wo sie glücklicherweise schnell gefunden wurde. Denn das Küken ist nicht nur sehr abgemagert, sondern hat auch starke PMV-Symptome. Eigentlich kann man schon vom Glück sprechen, dass sie aus ihrem Nest fiel, denn sie benötigt viel Pflege und Beobachtung, damit sie ihre Infektion gut übersteht. Helfen tun nicht nur wir dabei, sondern drei andere Küken mit PMV, die in den letzten zwei Wochen zu uns kamen. Denn geteiltes Leid ist halbes Leid und das wird besonders deutlich bei unserem gut gelaunten PMV-Kindergarten.
Doch nicht für alle Jungtauben geht es gut aus, wenn sie das Nest verlassen. Die abgemagerte Marie zeigt ein deutliches Verletzungsbild – etwas naiv und sehr hungrig hat sie vermutlich nicht mehr auf Passanten geachtet und wurde Opfer eines heftigen Trittes oder ähnlicher Gewalteinwirkung. Eine uns so bekannte kahle Stelle am Rücken, eine offene Beinfraktur sowie ein Loch im Kropf, aus dem das rausquoll, was sie auf der Straße zu essen fand: Brötchen. Beinchen und Kropf konnten direkt gestern von unserem Tierarzt operiert werden.
Direkt stationär aufgenommen wurde die schöne Loreley, deren Leid uns alle erschüttert hat. Durch eine Entzündung der Geschlechtsorgane hing ein Teil des Eileiters aus der Kloake, was auf den ersten Blick nur nach einem riesigen Kotklumpen aussah. Einige Tage muss sie so durch Kalk gelaufen sein, bis sie gefunden und gesichert wurde. Leider sind ihre Chancen nicht gut, aber da Loreley den Lebensmut nicht verloren hat und bei uns sogar noch selbstständig gegessen und getrunken hat und nun in allerbesten Händen versorgt wird, hoffen wir, dass die schöne Täubin bald wieder das Leben von seiner schönen Seite erleben kann. Sie braucht viele gedrückte Daumen – drückt ihr mit?
Ebenso schmerzvolle Wochen in Kalk hat Johanna erlebt. Sie war so stark verschnürt, dass trotz sämtlicher Fußpflege gestern ein Fuß amputiert werden musste. Es ist kaum vorstellbar, wie sie mit derart verschnürten und stark entzündeten Füßen sich noch so lange dem Überlebenskampf im Winter auf der Straße stellen konnte. Doch wenn bald alles verheilt ist, wird es für sie ein Leben in Sicherheit geben. Johanna wird von der Krankenstation direkt in eine unserer Volieren ziehen, wo sie nie wieder lange laufen muss, um Krümel zu finden, sondern jederzeit einen vollen Futtertrog findet.